Niederdeutsch

Das Goethe-Gymnasium Demmin, Musikgymnasium ist eine der 6 Profilschulen Niederdeutsch in Mecklenburg/Vorpommern.  Die Schüler haben hier die Möglichkeit, von der 7. bis zur 12. Klasse das Fach Niederdeutsch zu belegen.

Plattdüütsch vun gistern för morgen

„Platt in de Schaul? Möt dat sin?“ – Was Niederdeutsch ist und kann

Niederdeutsch bzw. Plattdeutsch ist die Sprache, die im niederen, d. h. nördlichen Deutschland gesprochen wurde und wird. Sie zählt wie z. B. Englisch, Dänisch, Niederländisch und Hochdeutsch zu den germanischen Sprachen. Platt wird in neun Bundesländern gesprochen. Die Plattsprecher in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg klingen zwar verschieden, doch sind ihnen die lautlichen Unterschiede zum Hochdeutschen gemein. Die niederdeutsche Sprache hat eigene Vokabeln, eine eigene Grammatik und eine eigene Satzstruktur und wird aus diesem Grund als Regionalsprache angesehen. Weshalb heute nur noch Wenige diese norddeutsche Sprache sprechen, erklärt sich durch ihre Geschichte. Weshalb es sich lohnt, diese Sprache im Unterricht zu lernen, soll im Anschluss an den kurzen geschichtlichen Abriss betrachtet werden.

Geschichte des Niederdeutschen

Vor allem für den Ostseeraum hatte das Niederdeutsche eine besondere Bedeutung. Im Mittelalter nutzte man im Hanseraum das Mittelniederdeutsche, um zu handeln und sich zu verständigen. Durch sprachliche Beeinflussung der Handelspartner aus Russland, England und Skandinavien entwickelte sich zu dieser Zeit die Sprache, die über 400 Jahre die Wirtschaftssprache in ganz Europa von Brügge bis Nowgorod blieb: das Niederdeutsche.

Den ersten Bedeutungsverlust erfuhr diese Sprache jedoch mit dem Zusammenbruch der Hanse im 15. Jahrhundert. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts verlor das Niederdeutsche dann auch seine Bedeutsamkeit als Schriftsprache. Das Hochdeutsche konnte sich durchsetzen und wurde künftig an Schulen und Hochschulen gelehrt. So fand Plattdeutsch meist nur noch regional Verbreitung, diese vor allem in mündlicher Form. In den 1950er und 1960er Jahren kam hinzu, dass Dialekte und Regionalsprachen generell ihr Ansehen einbüßten. Wer Hochdeutsch sprach, galt vor allem in dieser Zeit als „bildungsnah“. Damit einher ging die Verbreitung der irrtümlichen Annahme, das „platt“ in „Plattdeutsch“ sei gleichbedeutend mit „geistlos“. Ab und an wurde dem Plattdeutschen sogar, wenn auch teils scherzhaft, unterstellt, es sei nur etwas für die „Döschigen“ (plattdt. döschig à dumm).

Das Niederdeutsche vollzog im Laufe seiner Geschichte also einen Wandel von einer der bedeutsamsten Sprachen im nordeuropäischen Raum zur als sozial niedrig missdeuteten, vom Aussterben bedrohten Regionalsprache. Aber warum sollte man diese Sprache erlernen?

Niederdeutsch in der Schule lernen

Am 5. November 1992 hat Deutschland die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitssprachen unterzeichnet. Deshalb müssen in Deutschland laut Vertrag die Minderheitensprachen der Friesen, Sorben, Dänen sowie der Sinti und Roma und auch die Regionalsprache Niederdeutsch vor dem Aussterben geschützt werden. Zudem wurde gefordert, dass deren Gebrauch im öffentlichen und kulturellen Leben ausgebaut wird. In der Schule können durch das Angebot des Niederdeutschunterrichts beide Forderungen unter einen Hut gebracht werden.

Die ehemalige Bedeutsamkeit des Niederdeutschen führte dazu, dass vor allem die norddeutsche Kultur stark durch die Sprache geprägt ist. Im Plattdeutschen gespeichert sind Traditionen, Alltagswissen, Originalität und Humor, die auch dein Leben bestimmen. Wichtige historische Schriftstücke wie Urkunden und Gesetzestexte, die bis heute Auswirkungen auf unsere Gesellschaft haben, lassen sich nicht nur auf Latein sondern auch auf Plattdeutsch finden. Diese kannst du mit deinen Plattdeutschkenntnissen sogar im Original lesen. Für Demmin spielt das Niederdeutsche beispielsweise eine namensgebende Rolle. Der Sage nach entschieden zwei Prinzessinnen über das Haus Demmin: „Dat Hus is din un min.“ Insofern man der Sage Glauben schenken möchte, wäre der Name der Stadt heut ein anderer, wenn die beiden Damen kein Plattdeutsch gesprochen hätten.

Das Plattdeutsche ist in seiner Art einzigartig. Die Besonderheiten der Aussprache werden von vielen als wohlklingend angesehen. Als Sprecher kannst du davon profitieren. Zudem gibt es im Plattdeutschen eine sehr bildhafte Ausdrucksweise. Durch die Auseinandersetzung mit Platt wird nicht nur dein Wortschatz erweitert, sondern werden auch dein Gefühl für Sprache im Allgemeinen und sogar deine Kreativität angeregt. Denn es gehören sowohl Analysefähigkeit als auch Kreativität dazu, um Wörter wie Bummellux, Gedœns, Büdelhopper, plietsch, melanklüterig, Dösbaddel oder begriesmulen zu entschlüsseln. (Im Notfall hilft dir auch das plattdeutsche Wörterbuch weiter.) Da das Ganze so schön klingt, kannst du mittlerweile sogar „Harry Potter“ oder „Der kleine Prinz“ auf Plattdeutsch lesen und dir junge Bands anhören, die ihre Songs up Platt rappen oder rocken.

Platt dient dir insbesondere dazu, andere Sprachen zu entschlüsseln. Wer Plattdeutsch beherrscht, hat einen großen Vorteil beim Lernen anderer germanischer Sprachen, welche dieselben Sprachwurzeln haben. So verbessert es nicht nur dein Verständnis für die Strukturen und Bedeutungen des Englischen. Du kannst auch wesentlich leichter Niederländisch, Dänisch, Norwegisch, Schwedisch und sogar Isländisch erlernen. Für einen Urlaub in diesen Ländern oder sogar ein zukünftiges Auslandsstudium bist du damit bestens gerüstet. Kiek achtern Horizont – liehr Plattdütsch.

Das Platt-Schnacken ermöglicht dir also die Welt von gestern, heute und morgen zu entdecken und besser zu verstehen. Aus diesem Grund haben sich das Goethe-Gymnasium Demmin sowie die weiterführenden Schulen in Dömitz, Wismar, Crivitz, Laage und Stavenhagen 2016 dafür entschieden, als Schulen mit dem Schwerpunkt Niederdeutsch den Erhalt des Niederdeutschen zu unterstützen. Interessierte und engagierte Schülerinnen und Schülern können an diesen Schulen dann auch ab 2020 das „Abitur up Platt“, das Plattinum, ablegen.

Blot wat för de Döschigen? Nee!